Stadt will sich kommunaler Initiative für verträglicheren Verkehr anschließen Hoheit über Höchstgeschwindigkeit

Wie schnell Autos auf den Straßen – wie hier auf der Hohebergstraße – fahren dürfen, möchte die Stadt Heusenstamm selbst bestimmen.

Heusenstamm – Tempo 50 oder Tempo 30? Wie schnell auf Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen gefahren werden darf, entscheiden die jeweiligen Verkehrsbehörden – selbst, wenn diese eine Hauptverkehrsstraße innerhalb einer Kommune ist. Die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen möchten das für Heusenstamm ändern und haben daher im Bauausschuss beantragt, sich der bundesweiten Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ anzuschließen. Sie fordert unter anderem, dass die Kommunen über Höchstgeschwindigkeiten auf den örtlichen Straßen selbst entscheiden.

„Wir finden die kommunale Entscheidungsfreiheit bei der Frage, welche Höchstgeschwindigkeit auf viel befahrenen Straßen gilt, wichtig“, sagt CDU-Ausschussmitglied Michael Kern. Schließlich wüssten die Verantwortlichen vor Ort oft besser, welches Tempo angemessen ist. Als Beispiel führt er die Hohebergstraße an. An der Kreuzung zur Philipp-Reis-Straße – in der Nähe der Otto-Hahn-Schule – gelte Tempo 30. Danach Tempo 50. Kern plädiert daher für eine einheitliche Geschwindigkeitsregelung.

Zwar sei die Hohebergstraße eine Gemeindestraße, erklärt Heiner Wilke-Zimmermann, Vorsitzender des Ausschusses sowie der Grünen-Fraktion. Um den Abschnitt jedoch in eine Tempo 30-Zone umzuwandeln, bräuchte die Stadt eine Genehmigung. „Bisher dürfen wir Tempo 30 nur unter bestimmten Voraussetzungen einführen, zum Beispiel um Lärm zu verringern.“

Von den Behörden sei eine Reduzierung der Geschwindigkeit an viel befahrenen Straßen oft nicht gewünscht, meint der Vorsitzende.

Beide Fraktionen sehen den Beitritt zur Initiative, der sich auch Obertshausen, Rödermark, Dreieich sowie Hanau angeschlossen haben, als Beitrag, die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern. Die Städteinitiative verweist auf eine Resolution des Deutschen Bundestags vom 17. Januar 2020. Diese soll „es Kommunen durch eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben erleichtern, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen.“

Karsten Sigl (SPD) sieht in dem Antrag einen weiteren Vorteil: den Abbau von Schildern. Für den Sozialdemokraten gebe es auf vielen Straßen der Schlossstadt zu viel Beschilderung. Er meint, dass ein Großteil dieser Schilder bei einer einheitlichen Höchstgeschwindigkeit nicht mehr nötig seien. Dem stimmt auch Roland Heidl, Radverkehrsbeauftragter in Heusenstamm, zu. Für Heidl, der die schwarz-grüne Koalition auf die Initiative hingewiesen hat, steht jedoch die Entscheidungsgewalt der Kommunen im Vordergrund. „Man kann einer Gemeinde schon zutrauen, dass sie am besten weiß, wo welche Höchstgeschwindigkeit gelten soll.“ Die SPD werde der Empfehlung daher zustimmen.

Skeptisch steht die AfD dem Antrag gegenüber. Ausschussmitglied Dagmar Korb bezweifelt, dass eine geringere Geschwindigkeit positive Auswirkungen – zum Beispiel auf die Schadstoffbelastung – hat. Sie befürchtet, dass Autofahrer die Straßen meiden würden, in denen das Tempo auf 30 Stundenkilometer begrenzt werde. „Sollten das Straßen sein, in denen sich Geschäfte befinden, könnte das deren Existenz gefährden“, sagt sie.

Die Mehrheit des Ausschusses sieht den Antrag jedoch als zustimmungswürdig an. Mit einer Mehrheit von 13 Ja-Stimmen wird die Annahme des Antrags empfohlen.

Von Joshua Bär