Magistrat plant in Hessen einmaligen Verkehrsversuch in der Industriestraße Mehr Platz für Radfahrer

Startpunkt des Versuchs: Kurz hinter der Einmündung in die Lessingstraße sind ein Zebrastreifen sowie auf beiden Seiten Schutzstreifen für Fahrräder vorgesehen.

Heusenstamm – Premiere in der Schlossstadt: Im Rahmen der Umgestaltung der Industriestraße plant der Magistrat in Zusammenarbeit mit der Hochschule Darmstadt (h_da) einen laut Beteiligten in Hessen einmaligen Verkehrsversuch. Demnach soll die Fahrbahn von der Lessingstraße bis zur Philipp-Reis-Straße auf beiden Seiten mit Schutzstreifen markiert werden, um Radfahrern mehr Platz einzuräumen. Der Beginn des Verkehrsversuchs ist für das Frühjahr 2023 geplant.

Der im vergangenen Bauausschuss vorgestellte Entwurf sieht vor, den Radverkehr an diesen Abschnitten gänzlich auf die Straße zu verlegen und somit den Fußgängern die Gehwege wieder zu überlassen. Für Autofahrer heißt das: Sie haben während des Versuchs weniger Raum. „Die Kernfahrbahn ist in diesem Abschnitt nur noch drei Meter breit“, erklärt Laura Kehrer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der h_da. Sie wird den einjährigen Verkehrsversuch zusammen mit Verkehrsplaner Jürgen Vollmann, Professor für Bauingenieurswesen an der h_da, begleiten.

Thomas Möller, Leiter des Fachdienstes Tiefbau, verdeutlicht die veränderte Verkehrslage an einem Beispiel: „Fahren auf beiden Schutzstreifen Fahrräder und ihnen kommt zugleich ein weiteres Fahrzeug entgegen, gilt es, hinter dem Fahrrad zu bleiben, bis der Gegenverkehr vorbeigefahren ist.“ Die Schutzstreifen dürfen zum Überholen genutzt werden – sofern kein Radler darauf unterwegs ist.

Weitere Änderungen: An den Einmündungen und Kreuzungen werden auf der Fahrbahn rote Markierungen angebracht, um auf kreuzende Radfahrer hinzuweisen. Die bisherigen Markierungen werden laut Möller entfernt. Außerdem soll im gesamten Abschnitt des Verkehrsversuchs Tempo 30 gelten. Die roten Steine auf den Gehwegen bleiben aus Kostengründen erhalten. In dem Entwurf ebenfalls vorgesehen sind veränderte Parkflächen. Demnach müssen die Fahrzeuge künftig längs statt bisher quer parken. Der Grund: „Für Autofahrer, die mit dem Heck zur Straße hin stehen, ist es beim Ausparken schwierig, Fahrradfahrer zu erkennen, die an den Stellflächen vorbeifahren“, sagt Möller. Folglich sei die Unfallgefahr an diesen Stellen sehr groß.

Ziel des Verkehrsversuchs sei unter anderem, ein Konfliktbewusstsein bei den Autofahrern zu schaffen und so für mehr Rücksicht zu sorgen. Ein solches Projekt habe es in Hessen bisher nicht begeben, berichtet Kehrer, daher werde es wissenschaftlich per Videoaufnahmen begleitet. Diese erfolgen laut Entwurf an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils von 6 bis 21 Uhr. „Anschließend analysieren wir, wo die Konfliktbereiche liegen“, informiert Kehrer. Der Verkehrsversuch wird die Stadt 86 000 Euro kosten, wobei 75 000 Euro für die Markierarbeiten veranschlagt sind. Der Verkehrsversuch ist Teil der im vergangenen Jahr angekündigten Umgestaltung der Industriestraße. Diese sieht unter anderem eine Weiterführung der Schutzstreifen nach der Thun- und Taxis-Straße bis zum Waldweg nach Dietzenbach vor. Dort ist auch eine Querung vorgesehen.

Von Joshua Bär