Jan Costin Wagner las im Hinteren Schlösschen in Heusenstamm aus neuem Roman „Ich neige dazu, zu vergessen und zu entgleiten“

Bei der Veranstaltung im Hinteren Schlösschen las Jan Costin Wagner abwechselnd ein paar Szenen aus seinem Roman um den finnischen Kommissar Kimmo Joentaa und spielte Stücke auf dem Klavier, die er nun auch auf CD herausgebracht hat. Foto: zls

Heusenstamm (zls) –Mit sanften Klavierklängen eröffnete Jan Costin Wagner die Lesung zu seinem neuen Roman „Sakari lernt, durch Wände zu gehen“. Im großen Trausaal des Hinteren Schlösschens stand ein Flügel und das Licht wirkte beruhigend und sanft wie die Stücke, die Wagner selbst komponiert hat. Dort holte der Autor seine Gäste ab und entführte sie in seine Welt.

„Es ist immer etwas Besonderes, wenn Jan hier einen neuen Roman vorstellt“, sagte Katja Richter, Leiterin der Stadtbücherei. Zusammen mit Melanie Kratz von der Buchhandlung „Das Buch“ organisiert sie die Lesungen von Wagner. „Ich weiß gar nicht, ob ich Sie oder Du sagen soll“, sagte Wagner zu seinem Publikum, denn für den Autor war es quasi ein Heimspiel. Er las abwechselnd ein paar Szenen aus seinem Roman um den finnischen Kommissar Kimmo Joentaa und spielte Stücke, die er nun auch auf CD herausgebracht hat. Je nach Geschehen im Kapitel fallen die Kompositionen fröhlich und sanft oder bedrohlich und melancholisch aus. „Die CD und das Buch fließen ineinander“, sagte Wagner. Hin und wieder spickte er aber in das Booklet der CD. „Ich neige dazu, zu vergessen und zu entgleiten“, erklärte er und führte mit seinem Publikum mehr einen Dialog als eine Lesung. Er suchte immer wieder Blickkontakt und erzählte von Kimmo und dessen Geschichte.

Im aktuellen Roman probiert Wagner etwas Neues aus: Kimmo Joentaa ist glücklich. Hatte er in der Vergangenheit mit viel Verlust und Schmerz zu kämpfen, darf der Polizist nun die starke Bindung zu seiner zehnjährigen Tochter Sannaa genießen, die den Namen ihrer verstorbenen Mutter trägt. „Das Glück Kimmos stellt ein Gegengewicht dar, er darf auch mal schöne Dinge erleben“, sagte der Autor. Der Roman wird außerdem aus elf unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Diese Gleichzeitigkeit habe den Autoren schon immer gereizt. Zusammen mit seinem Schreibstil, alles auf den Kern der Sprache zu reduzieren, erzeugte Wagner eine besondere Atmosphäre, die die Leser in ihren Bann zieht.

Anne-Rose Fritz hatte ihre Ausgabe von „Sakari lernt, durch Wände zu gehen“ zum Signieren mitgebracht.

„In Jans Texten hat jedes Wort seinen festen Platz, ein bisschen wie bei Kafka“, sagte sie. „Poetisch, aber auch pragmatisch“, beschreibt sie den Stil Wagners. Der Titel des Buches war dem Autor während der ganzen Arbeit eine Stütze. „Die ersten sieben Zeilen im ersten Kapitel beenden gleichzeitig den Roman“, beschreibt Wagner sein Werk und macht dadurch deutlich, wie durchdacht und dramaturgisch er arbeitet. „Sie werden wissen, was ich meine, wenn Sie es gelesen haben.“