RATHAUSSTURM Narren übernehmen das Zepter Stadt mit Frohsinn lenken

Von seinem Stammplatz auf dem Bembelwagen aus führte der Watz (Uwe Fräger) die Aktion an: Mit dem Rathaussturm boten die Narren am Samstagvormittag schon einmal einen Vorgeschmack auf den Straßenkarneval.

Neu-Isenburg – Darauf haben sie wegen der Pandemie lange warten müssen, und es scheint, als habe das Spuren hinterlassen: Als die Narren am Samstag um 11.11 Uhr das Rathaus stürmen, gibt es auf beiden Seiten ein paar kleine Irritationen im Ablauf. Das tut dem Spaß aber keinen Abbruch. Am Ende, nachdem die Narren die „Rathausherren“ überzeugt haben, dass sie bessere Ideen für den Stadtumbau hätten, endet der Vormittag drinnen mit einem freundlichen Beisammensein.

Normalerweise sind es die Narren, die beim Rathaussturm schwere Geschütze auffahren. Doch in diesem Jahr konterte die Stadtverwaltung vorab mit einer nicht minder schweren Drohung – inspiriert vom Thema des Stadtumbaus „Vom Alten Ort zur neuen Welt“: „Während die Bagger fleißig graben an unserer Neuen Welt, der Watz mit der Narrenschar bereits an der Rathausglocke schellt. Deshalb müssen die Bagger ganz schnell die Rathaustür verbauen, damit uns die Narren nicht unseren Bürgermeister klauen“, so das Motto. Doch das viele Flatterband, das die Eingangstüren absichern soll, hält die Karnevalisten nicht ab. „Was, die wolle ihr Ruh’ hawwe, des werr’n mer gleich ännern“, meint Claus Eichler. Der Prinzenbegleiter steht diesmal alleine an der Spitze der Narrenschar, denn Watz Uwe Fräger hat seinen Stammplatz auf dem Bembelwagen eingenommen – und „sei Fraa“ Andrea steht, anstelle der unbesetzten Position des Oberlump, hinter ihm auf dem Wagen. Die Schützengesellschaft unterstützt mit ihrer Kanone lautstark die Aktion: Ein Donnerschlag erweckt Leben hinter den verschlossenen Vorhängen des Rathauses.
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Ein Fenster öffnet sich und Bürgermeister Gene Hagelstein ruft einen Gruß „zur Post-Corona-Narrenzeit“ herunter, verbunden mit dem Hinweis: „Zwei Jahr hadde mir jetzt Ruh, die Tür’n bleibe ganz einfach zu.“ Damit ist das augenzwinkernde Wortgefecht eröffnet. „Seid nicht so stur, Ihr sollt Euch schämen. Wir wollen doch nur das Beste für uns’re Stadt – und euch nicht verbrämen“, ruft der Watz. Und „sei Fraa“ verspricht viele gute Ideen für den Stadtumbau – und dies, obwohl plötzlich viel Geld fehlt. „Vom Alten Ort zur Neuen Welt, ihr macht doch eh, was euch gefällt. Ob Brunnen, Alt‘ Rathaus, digitaler Schein, unser Hugenottenstadt wird super sein!“

„Wenn ich nur an den Marktplatz denk, mei Nerve mache mir die Kränk, da wird nur ewig diskutiert, aber schlussendlich dann nix realisiert“, gibt sich das Stadtoberhaupt enttäuscht. Dies kann Stadtverordnetenvorsteherin Christine Wagner nur bestätigen: „Ach, hört mir uff’ mit Altem Ort, da meldet jeder sich ja zu Wort, was mach’mer denn jetzt mit dem Platz? Ich schlage vor, mir frage den Watz!“ Dieser will die närrischen Ideen freilich nicht uff de Gass’ preisgeben, sondern besser drinnen im Rathaus, wo sonst auch die Entscheidungen getroffen werden. „Der Watz und sei Fraa die könnten’s lenke, weil Narren stets mit Frohsinn denke“, hat Claus Eichler ein weiteres Argument. „Wir ham viel vor mit uns’rer Stadt, Urban Life mit Klimaschutz und Co., und 1A-Kita sowieso! Büros, Markthalle, Edeka, dann ist für alle ebbes da. Doch wie wär‘s ihr kommt nach oben, dann könnten wir die Vielfalt proben?“, bietet Wagner an. Als sie und der Bürgermeister den Rathausschlüssel zu Boden lassen, ist dort aber niemand, der ihn in Empfang nimmt. Also wuchten die beiden ihn wieder hoch, rücken ihn schließlich am Eingang raus. Nun also haben bis zum Aschermittwoch die Narren das Zepter in der Hand.  lfp