Kunstunterricht zeigt Dieburger Synagoge neu Großes Interesse für Präsentation im Fechenbach-Saal

Studienrat Rolf Peters zeigt mit den Schülern Kristina Splanemann, Marcel Hossain und Max Kafanke das Modell der neuen Dieburger Synagoge. Es entstand im Kunst-Unterricht der ADS. Foto: Just

Dieburg (mj) – Manchmal ist Begeisterung ansteckend: Als Kunstschüler der Alfred-Delp-Schule das frühere Erscheinungsbild des Marktplatzes mit Modell-Häusern nachbauen, will ihr Lehrer nicht außen vor bleiben: Rolf Peters beschäftigt sich parallel mit der Geschichte der beiden Synagogen, die dort einst standen. Jetzt trug der Studienrat seine Ergebnisse im Schloss Fechenbach vor.

Nach der Begeisterung der Oberstufenschüler kam die der Dieburger: Das Interesse an den zahlreichen Recherche-Ergebnissen sorgte für einen proppenvollen Saal im Schloss. Von Bürgermeister Werner Thomas, über Heimatforscher Hans Dörr bis zur Spitze des Heimatvereins mit Maria Bauer waren alle vertreten, die über Dieburgs Historie noch mehr wissen wollen.

Der Blick zurück beginnt 1868, als die jüdische Gemeinde ein neues Gebäude sucht. Zuvor befand sich der Gebetsraum im Bereich der Zuckerstraße. An der Stelle der heutigen Sparkasse wird man mit dem Patrizierhaus der Freiherren von Berberich, die als Reichspostmeister der Thurn und Taxis zu Ehren kamen, fündig. Nach den Umbaumaßnahmen des „Berberich-Schlösschen“ steht 1869 die Einweihung der Synagoge an. 57 Jahre wird diese genutzt, bis 1926 eine feuerpolizeiliche Untersuchung deren Baufälligkeit feststellt. Ein Abriss samt Neubau erscheint als die beste Lösung. Zu diesem Zeitpunkt zählt die jüdische Gemeinde 150 Köpfe.

Bauwerk mit Kuppel

Der Architekt Rudolf Joseph entwirft einen repräsentatives Bauwerk mit Kuppel, das aber teuer ist. „In Amerika wurden von reichen Juden Spenden erbeten. Trotzdem kam nicht genug Geld zusammen“, weiß Peters. Bei der Errichtung bleiben Kuppel und andere Zusätze weg, was laut dem Referenten optisch nicht schadete: „Durch die einfachen Formen wirkte die Synagoge noch moderner.“ Auch im Inneren zeigt sie sich schlicht und verkörpert einen Bet- und Andachtsraum im klassischen Sinne. Auffällig sind die farbigen Glasfenster sowie die länglichen Lampen an der Wand, die Thora-Rollen symbolisieren.

Die Einweihung am 6. Juni 1929 ist ein großes Fest: Die Zufahrtsstraßen nach Dieburg sind blockiert, in einer feierlichen Prozession werden die Thora-Rollen vom Haus des Kaufmann Loeb, das ebenfalls am Marktplatz steht, in die Synagoge getragen. Mit der Machtergreifung der Nazis naht wenig später das Ende der jüdischen Gemeinde. Nur die Lage im Wohngebiet verhindert, dass das Gebetshaus in der Reichskristallnacht 1938 in Flammen aufgeht. Die Nazis wollen die Zwangsversteigerung und den Umbau, der Stadt obliegt die Option zum Kauf.

Gedenktafel als Erinnerung

Nach dem Krieg ist die Synagoge äußerlich intakt, 1947 wird sie sogar wieder eingeweiht. Doch die Nutzung ist gering, da viele Dieburger Juden während des Dritten Reiches emigrierten. In der Folge gebraucht sie das Möbelhaus Draut und baut die Fassade um. Ein Kino sagt sich in den 1950er Jahren an und im Anschluss der Lebensmittelmarkt Schade. In den 1980 wird das Gebäude abgerissen, die Sparkasse baut als Eigentümer des Geländes ihre neue Filiale. Eine Gedenktafel erinnert heute an Vergangenes.

Im Fechenbach-Saal gelang Rolf Peters ein faszinierender Abriss über jüdische Geschichte in Dieburg, die der 62-Jährige noch mit einer Darstellung historischer Gebäude am Marktplatz und dem Lebenslauf von Rudolf Joseph als Architekt der neuen Synagoge erweiterte. Von dem Vortrag wird unter anderem in Erinnerung bleiben, dass die Stadt über viele Jahre ein sehr positives Verhältnis zur jüdischen Gemeinde hatte. So wurde der Bau der neuen Synagoge in vielfältiger Weise unterstützt.

Kontakte knüpfen

An die früheren guten Kontakte knüpft in der Gegenwart das Rathaus wieder an: Laut Bürgermeister Thomas existiert ein regelmäßiger Postverkehr zu Menschen (und deren Nachkommen) in den USA und Israel, die Dieburg einst wegen ihres Glaubens verlassen mussten.