Gemüseheldinnen machen Frankfurt essbar, bunt und nachhaltig Frisches von der Stadtfarm

Laura Setzer geht bei den Gurken durch und schaut, ob sie ausgeizen muss. Bild: Zöllner

Sachsenhausen (iz) – Salat so weit das Auge reicht, je nach Sorte von sattgrün bis zu rötlich schimmernd erstreckt er sich über die Anbaufläche. „Der Salat kommt dieses Jahr richtig schön“, findet Stadtfarmerin Juliane Ranck, Laura Setzer stimmt ihr zu. Und wo die beiden Gemüseheldinnen gerade da sind, ziehen sie das Unkraut zwischen den Reihen heraus. Auf der Stadtfarm in Sachsenhausen gedeiht gerade einiges gut: Kohlrabi, Mangold, Sellerie, Möhren, Tomaten, Gurken und mehr.

Vor vier Jahren war für die beiden ein Punkt erreicht, an dem sie aktiv gegen den Klimawandel werden wollten. „Wir wollten nicht demonstrieren, sondern etwas Produktives entwickeln, das die Zukunft verändert“, erzählt Ranck. Sie starteten das Projekt „Gemüseheldinnen Frankfurt“. „Wir besetzten damals einen Garten in der Grünen Lunge am Günthersburgpark im Frankfurter Nordend, der schon mehrere Jahre nicht genutzt wurde“, berichtet die 38-Jährige. Als erstes holten sie den Müll heraus, bevor sie mit der Bewirtschaftung anfingen. „Daraus ist ein Gemeinschaftsprojekt geworden. Wir machen Frankfurt essbar, so haben wir das auf Facebook beworben. Und es waren viele Leute, die mitmachen wollten“, erinnert sie sich.

Zwischen 70 und 80 Tonnen Müll haben sie in der Zeit aus der Grünen Lunge herausgeholt, einen zweiten Garten besetzt und dort Obst und Gemüse angebaut. „Dann kam die erste Gartenbesitzerin auf uns zu, die das Projekt toll fand und uns ihren Garten zur Verfügung stellte“, sagt Ranck. Inzwischen sind es offiziell 14 Gärten, auf denen sie biologisch anbauen. Die beiden betreiben Urban Farming mit einer Gemeinschaft von mehr als 400 Menschen. Während Urban Gardening zwar Gärtnern in Städten ist, dies jedoch nur in Hochbeeten, hat das Urban Farming einen etwas anderen Ansatz.

Der Sinn dahinter ist, den Boden von Flächen aktiv zu nutzen, die Landwirtschaft produktiv auf kleinen Flächen in die Stadt zu holen. „Das hat mehrere Effekte, zum einen ist der Boden der weltweit größte Kohlenstoffspeicher, zum anderen können sich dadurch die Städte zum großen Teil gut selbst mit regionalen und saisonalen Produkten das ganze Jahr über versorgen“, erklärt Ranck. Es gäbe viele Flächen wie Vorgärten, wo der Boden nicht genutzt werde. Eine Idee sei beispielsweise, Beerensträucher statt Kirschlorbeer zu pflanzen. Seit einem Jahr gibt es in der Stadt die Permakulturinseln, etwa auf dem Campus Westend und Riedberg sowie am Bornheimer Hang. „Frankfurt soll dadurch essbar, bunt, schön und nachhaltig werden“, betont Setzer.

Während die beiden Stadtfarmerinnen im ersten Jahr Saatgut und Ähnliches aus eigener Tasche finanziert haben, wird das inzwischen aus Spenden, Fördergeldern und Mitgliedsbeiträgen des im vergangenen Jahr gegründeten Vereins Gemüseheldinnen gestemmt. Die Projekte sind vielfältig, die Gemeinschaft um die Gemüseheldinnen wächst. Ebenfalls 2022 entstand die Kooperation „Frankfurter Stadtfarm“ mit der Gärtnerei Anja Rappelt in Sachsenhausen. Dort sind die beiden inzwischen angestellt. Die Stadtfarm verbindet ein Gemeinschaftsgartenprojekt mit dem professionellen Verkauf der Bio-Lebensmittel. Jeder, der hilft, kann sich Obst und Gemüse für seinen Bedarf nehmen. „Wir haben festgestellt, wer einmal da war, kommt immer wieder“, sagt Setzer. Im Schnitt helfen zehn bis 15 Leute an zwei bis drei Tagen pro Woche auf dem zwei Hektar großen Areal.

Die Produktpalette der Gemüseheldinnen wird immer breiter: Von der Wissensvermittlung, wie die Lebensmittel angebaut werden und was es alles gibt bis zur Ausbildung zum Stadtfarmer, die schon bis einschließlich 2024 komplett gebucht ist. „Wir sind zu einem Reallabor geworden“, sagt Setzer. Inzwischen haben die Gemüseheldinnen das Buch „Urban Farming“ (Löwenzahn-Verlag, 280 Seiten; 26,90 Euro) herausgebracht, zudem sind bereits drei Doku-Filme über sie gedreht worden. Mehr Infos gibt es unter gemueseheldinnen.de im Internet.

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